14 Nov 2016

Spülwasser oder Göttertrank

Viele Konsumenten sind nach wie vor überzeugt, dass es beim Weineinkauf vor allem auf den Jahrgang ankommt. Stuart Pigott erklärt, warum das leider nicht ganz so einfach ist – vor allem mit dem Jahrgang 2014.

31.05.2015, von Stuart Pigott

© Frank Röth Herausforderung bestanden: Das Weingut Spreitzer in Oestrich/Rheingau war den Launen des feuchten und warmen Herbstes 2014 gewachsen.

Die Welt des Weins ist heutzutage enorm komplex. Vermutlich gibt es etwa eine Million verschiedene Etiketten auf dem Planeten Wein. Wenn man die Weinabteilung eines Supermarkts oder Kaufhauses oder eine Weinfachhandlung betritt, kann es einem vorkommen, als sei man schlagartig mit dieser Million an Weinen konfrontiert.

Viele Weintrinker sind darüber hinaus davon überzeugt, dass es nicht nur der richtige Wein sein muss, sondern auch der richtige Jahrgang. In vielen Köpfen herrscht ein Top-oder-Flop-Denken, demzufolge sämtliche Weine eines Jahres entweder Spülwasser oder Göttertrank sind. Andere Weintrinker glauben es schlauer anzugehen, indem sie mit Hilfe von Jahrgangstabellen versuchen, feinere Unterschiede auszumachen. Ganz so einfach ist die Welt des Weins leider nicht zu sortieren

Viel Ausschussware in 2014

Die Klimaerwärmung und die gewachsene Kompetenz der Winzer hat während der jüngsten Generation die Weinqualität im Durchschnitt deutlich gesteigert. Optimale Jahrgänge in Deutschland wie 2009 und 2012 haben fast durchgängig stimmige Gewächse hervorgebracht, aber auch in deutlich schwierigeren Jahrgängen wie 2010 oder 2013 haben auffallend viele Winzer die Launen der Natur gemeistert. Schlechte Jahrgänge mit untrinkbaren Weinen schienen endgültig der Vergangenheit anzugehören.

Doch dann kam der fast durchgängig feuchte und recht warme Herbst 2014, und die Karten wurden neu gemischt. Warum dieser Jahrgang sich nicht mit einer Zahl in einer Jahrgangstabelle bewerten und noch weniger als Top oder Flop einschätzen lässt, kann man auf zwei Dinge zurückführen: Erstens neigen reife Trauben bei Feuchtigkeit und Wärme zur Fäulnis; zweitens ist unter den Pilzen im Weinberg auch die Essigfäule unterwegs. Diese kann – noch bevor die Trauben auf die Kelter kommen – erhebliche Mengen an Essig bilden und alles verderben. Im Jahr 2014 gab es daher zwei Gruppen von Winzern in Deutschland: jene, die der Situation nicht gewachsen waren und schwache bis schlechte Weine produzierten, und solche, die sie meisterten und gute bis erstklassige Weine keltern konnten.

Die meisten namhaften Weingüter und aufstrebende Jungwinzer gehören zu Letzteren, und tendenziell sind bei ihnen alle 2014er Weine gelungen, wie etwa beim Weingut Spreitzer in Oestrich/Rheingau. Bereits der günstige 2014er Riesling trocken „Josef Spreitzer“ überzeugt mit seiner saftigen, lebhaften Art und klarer Zitrusnote. Der 2014er Doosberg Riesling Kabinett trocken der Spreitzers besticht durch feine Blüten- und Kräuteraromen und schmeckt noch eleganter. Wer mehr zahlt, bekommt mit dem 2014er Doosberg Riesling trocken „Alte Reben“ einen wahren Spitzenwein aus dem neuen Jahrgang mit ausgeprägter Pfirsichnote, viel Saft und Kraft. Hier ist das Jahr 2014 richtig top.

Quelle: F.A.S.

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